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BAföG: Bestimmte Vermögenswerte können im Ausnahmefall anrechnungsfrei bleiben

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Bei Aufnahme eines Studiums oder einer sonstigen Ausbildung, die nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) gefördert werden kann, sind im BAföG-Antrag neben den Angaben zum Einkommen stets auch solche zum Vermögen zu machen. Dabei ist der, aus dem Nachrangprinzip sozialrechtlicher Leistungen herrührende, Grundsatz der, dass bestehendes Vermögen bis auf einen feststehenden Freibetrag (für unverheiratete, kinderlose Antragsteller beträgt dieser 5.200 €) voll einzusetzen ist. Dennoch gibt es durchaus im Einzelfall die Möglichkeit „zur Vermeidung unbilliger Härten“, einen weiteren Teil des Vermögens anrechnungsfrei zu lassen, § 29 III BAföG.

Vermögen zum Zeitpunkt der Antragstellung

Stichtag für die Vermögensbewertung ist der Zeitpunkt der Antragstellung, allerdings werden regelmäßig auch Erklärungen über Vermögensbewegungen in zeitlicher Nähe zur Antragstellung verlangt, damit geprüft werden kann, ob eine sog. rechtsmissbräuchliche Übertragung des Vermögens vorliegt, also etwa eigenes Geld auf einem Konto der Eltern bis zum Abschluss der Ausbildung „zwischengeparkt“ werden soll.
Vermögenswerte sind beispielsweise Wohn- und Grundeigentum, Wertpapiere wie Aktien und Pfandbriefe, der Rückkaufswert einer Lebensversicherung, ein Auto, sowie die Guthaben auf dem Giro- und Sparkonto oder ein Bausparvertrag. Kein Vermögen im Sinne des BAföG stellen Haushaltsgegenstände dar. Unberücksichtigt bleibt auch Vermögen, das rechtlich nicht verwertbar ist, etwa wenn keine Möglichkeit zur vorzeitigen Kündigung besteht.
Vom Wert des angegebenen Vermögens zum Zeitpunkt der Antragstellung werden dann die Schulden abgezogen. Berücksichtigungsfähig sind dabei etwa Belastungen eines Grundstücks oder einer Wohnung, etwa Hypotheken, aber auch sonstige Schulden wie etwa Kredite für ein Auto oder Forderungen Dritter. Auch reine „Konsumschulden“ wie z.B. ein Kredit für Möbelkauf oder hohe Rückstände aus Handyverträgen können berücksichtigt werden.

Im Härtefall anrechnungsfrei bleibendes Vermögen

Aus § 29 III BAföG ergibt sich nun, dass im Härtefall weiteres, also über den Freibetrag von 5.200 € hinausgehendes, Vermögen anrechnungsfrei bleiben kann. Wann eine solche „unbillige Härte“ vorliegt wird im Gesetz nicht näher spezifiziert. Unstrittig fällt darunter eine angemessene selbstbewohnte Eigentumswohnung. Ein weiteres Beispiel ist eine Schmerzensgeld- oder Schadensersatzzahlung die etwa Unfallfolgen für die Zukunft ausgleichen soll.
Darüber hinaus sind die BAföG-Ämter verpflichtet, das Vorliegen einer solchen Härte jeweils im Einzelfall zu prüfen, die entsprechende Entscheidung ist vom Gericht voll überprüfbar. Im September hatte sich das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 4.9.2012, Az.: 5 B 8/12) mit einer Beschwerde zu befassen, die sich damit beschäftigte, wie die Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung zu bewerten seien. Das BVerwG stellte klar, dass dies nicht allgemeingültig zu beantworten sei. Die Grundsätze, nach denen eine unbillige Härte dann anzunehmen sei, wenn die „Verwertung des Vermögens zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Lebensgrundlage des Auszubildenden führen würde“, bzw. das Vermögen wirtschaftlich nicht einsetzbar sei, seien von der Behörde im Rahmen einer die verschiedenen Interessen berücksichtigen Einzelfallentscheidung zu beachten.

Fallgestaltungen aus der Rechtsprechung

Entsprechend speziell sind teilweise die von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle. So wurde beispielsweise angespartes Blindengeld in Höhe von mehreren tausend Euro anrechnungsfrei gestellt (Hessischer VGH, Urteil vom 20.10.2009, Az.: 10 A 1701/08). Andere Fallgestaltungen können jedoch durchaus häufiger vorkommen. So hat das Verwaltungsgericht Münster etwa die Nichtverwertbarkeit einer Wohnung aus wirtschaftlichen Gründen bestätigt, weil wegen stark gesunkener Immobilienpreise der Kaufpreis nicht zur Tilgung der Restschuld aus dem Darlehen ausgereicht hätte (Urteil vom 1.4.2009, Az.: 6 K 2128/07). Eine unbillige Härte wurde auch angenommen bei einem Miteigentumsanteil von 1/12 an einem noch von Verwandten bewohnten Hausgrundstück (VG Dresden Beschluss vom 13.3.2008, Az.: 5 K 2552/07).
Auch wenn die Annahme einer „unbilligen Härte“ ein Ausnahmefall sein soll: Es kann sich lohnen, in entsprechenden Situationen einen Ablehnungsbescheid des BAföG-Amtes nicht einfach hinzunehmen.


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